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News zur Reform der Erbschaftsteuer

Vertreter der Koalitionsfraktionen haben sich am 06.07.2015 auf einen Kompromiss zur Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes geeinigt. Der Gesetzesentwurf wurde am 08.07.2015 vom Bundeskabinett verabschiedet.

Es ist zu hören, dass das Bundesfinanzministerium darauf hofft, das Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abschließen zu können. Insoweit sollen Ende September noch die Beratungen zum Regierungsentwurf im Bundestag und Bundesrat beginnen.

Damit schließt sich das zeitliche Fenster für Übertragungen nach altem Recht schneller als bisher vermutet. Sollen noch Begünstigungen auf der Grundlage des alten Gesetzes in Anspruch genommen werden, müssen entsprechende Nachfolgeregelungen umso zeitnaher entwickelt und umgesetzt werden.

Zwar stellt der Gesetzesentwurf vom 08.07.2015 eine partielle Verbesserung gegenüber dem ersten Entwurf des Bundesfinanzministeriums dar; gleichwohl drohen erhebliche Mehrbelastungen für Unternehmen.

Für große Unternehmen gibt es eine dem bisherigen Status vergleichbare Begünstigung nur noch, wenn der Erwerber dem Finanzamt nachweist, dass er nicht in der Lage ist, die Erbschaftsteuer auf den Betrieb aus „verfügbarem“ Vermögen zu bezahlen. Bei der damit anstehenden Verschonungsbedarfsprüfung wird das vorhandene Privatvermögen des Erwerbers einbezogen; 50 % des verfügbaren Vermögens zzgl. der innerhalb von 10 Jahren nach dem Vermögensübergang anfallenden Schenkungen und Erbschaften sollen für die Steuerzahlung eingesetzt werden, lediglich die Reststeuer wird erlassen. Die Forderung der Wirtschaft, zumindest das eigenerarbeitete Vermögen des Nachfolgers unberührt zu lassen, wurde am Ende nicht berücksichtigt.

„Große“ Unternehmen werden damit grundsätzlich von den bisherigen Begünstigungen für Betriebsvermögen ausgeschlossen. Die Größengrenze wurde dabei im Koalitionskompromiss bei 26 Mio. Euro festgelegt. Wirtschaftsverbände hatten dem gegenüber eine Grenze von mindestens 100 Mio. Euro gefordert.

Die Grenze für Unternehmen mit Kapitalbindung soll dem gegenüber bei 52 Mio. Euro liegen. Dabei sind die Anforderungen an die Kapitalbindung hoch gehängt; insbesondere Ausschüttungs- und Entnahmebeschränkungen sowie Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen sollen in den Statuten der Unternehmen den Erhalt des Betriebes sicherstellen. Erschwerend kommt hinzu, dass diese über einen Zeitraum von 40 Jahren nachzuweisen sind. Um als Beschränkungen anerkannt zu werden, müssen diese schon seit 10 Jahren vor dem Übertragungszeitpunkt vorliegen und sodann noch einmal 30 Jahre nach dem Übertragungszeitpunkt bestehen bleiben. Damit entsteht eine über 40 Jahre (!) laufende Überwachungsfrist.

Anstelle der Verschonungsbedarfsprüfung kann der Erwerber auf Antrag einen abschmelzenden Verschonungsabschlag stellen. Der Verschonungsabschlag verringert sich bis zu einem Wert des begünstigten Vermögens von 116 Mio. Euro um je einen Prozentpunkt für jede volle 1,5 Mio. Euro, um die die Prüfschwelle überschritten wird. Bei der erhöhten Prüfschwelle von 52 Mio. Euro geht der Wert bis zu einem Betrag von 142 Mio. Euro. Bei einem begünstigten Vermögen von mehr als 116 Mio. Euro sowie von 142 Mio. Euro bei Vorliegen der Voraussetzungen für die erhöhte Prüfschwelle soll ein fester Verschonungsabschlag von 20 % gelten. Ursprünglich hatte der Referentenentwurf jedoch den festen Verschonungsvorschlag bei 25 % und 50 % ab einem begünstigten Vermögen von 110 Mio. Euro vorgesehen.

Für den Fall, dass keine Verschonungsregelungen greifen, soll ein Rechtsanspruch auf eine Stundungslösung für begünstigtes Vermögen eingeführt werden. Danach kann auf Antrag die auf das begünstigte Vermögen entfallene Steuer bis zu 10 Jahre gestundet werden. Bei Erwerb von Todeswegen soll die Stundung zinslos erfolgen, bei Schenkungsfällen hingegen verzinslich.

Kleinere Betriebe können dem gegenüber auch künftig noch von Privilegien bei der Erbschaftsteuer profitieren. Allerdings wird die Anzahl der Arbeitnehmer, bei der Betriebe von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen werden, auf 3 abgesenkt.

Bei Betrieben mit 4-10 Arbeitnehmern soll dem besonderen Bedürfnis für eine Flexibilisierung der Lohnsummenregelung Rechnung getragen werden. Dazu wird die Mindestlohnsumme bei einer Lohnsummenfrist von 5 Jahren auf 250 % bzw. bei einer Lohnsummenfrist von 7 Jahren auf 500 % herabgesenkt. Im Gesetzentwurf ist eine weitere Erleichterung für Betriebe mit 11-15 Arbeitnehmern vorgesehen. Diese sollen innerhalb von 5 Jahren eine Mindestlohnsumme von 300 % und bei der für die Optionsverschonung maßgebliche Frist von 7 Jahren von 565 % zu erfüllen haben.

Gestaltungen durch Betriebsaufspaltungen und Übertragungen in mehreren Schritten soll durch Zusammenrechnung der Beschäftigtenzahl und der Lohnsummen entgegengewirkt werden.

Laut einem vorläufigen Zeitplan könnten der Bundestag am 06.11.2015 und der Bundesrat am 27.11.2015 über den Gesetzentwurf final beschließen. Sofern dieser Zeitplan eingehalten wird, könnte die Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt Anfang Dezember 2015 erfolgen. Die Änderungen des Reformgesetzes sollen am Tag nach der Gesetzesverkündung in Kraft treten. Eine rückwirkende Anwendung der Neuregelungen ist bislang nicht vorgesehen.

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